Medikamente im Rettungs- und Sanitätsdienst



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Stand: 6/1999 (c) Dr.med.I.Prodinger (6/1996, 3/1996), B.Nowotny (9/1994)

A. Begriffe

  • Wirkstoff: Alle chemischen Verbindungen (Elemente), die nach Aufnahme in den Organismus eine Wirkung entfalten.
  • nützliche Stoffe = Arzneimittel
  • schädliche Stoffe = Schadstoffe, Gifte
  • Dosis: Wirkkonzentration einer Verbindung, meist in „mg pro kg Körpergewicht“ angegeben (mg/kg KG). Normalbezug von Dosisangaben auf einen Mann mit 70 kg KG.
  • Individuelle Empfindlichkeit: Einfluß zB. durch Vorerkrankungen, Lebensalter, Allergien, andere Medikamenteneinnahmen
  • Arten:
  • Injektionslösungen, Infusionen
  • Tabletten, Pulver
  • Gel, Salben, Cremes
  • Aeorosole, Spray, Gase
  • Darreichung:
  • enteral (über den Verdauungstrakt), parenteral (nicht über den Verdauungstrakt)
  • intravenös (iv.), subcutan (sc.), intramuskulär (im.), intraarteriell (ia.)
  • endotracheal (et.)
  • oral, sublingual, perlingual
  • rektal
  • lokal, äußere Anwendung
  • Placeboeffekt: Wirkung aufgrund der Erwartungshaltung des Patienten und der psychischen Zuwendung
  • sonstige Fachbegriffe/Abkürzungen:
Applikation = Anwendung, Verabreichung
anti, kontra = gegen
Bolus = auf einmal
BTM = Betäubungsmittel nach dem Betäubungsmittelgesetz
CAVE = Beachten! Vorsicht!
Ind., Indikation = Anwendungsgebiet
initial = anfangs
isoton = mit gleichem (iso) Molekül-Druck, siehe physiologisch
kg KG = Kilogramm Körpergewicht
KI, Kontraindikation = Gegenanzeige, Anwendungsverbot
physiologisch = dem Körper angepasst (zB. entspr. Salzgehalt: 0,9%)
Präparat = Mittel
Substitution = Ersatz
UAW = und andere Wirkungen („Nebenwirkungen“)
Volumen = Menge, Inhalt (zB. Blutmenge, Flüssigkeit im Körper)
WS = Wirkstoff

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B. Grundlagen



Eigenschaften von Notfallmedikamenten
Ein ideales Notfallmedikament ist gekennzeichnet durch schnellen Wirkungseintritt (~5 min.), kurze Wirkungsdauer (~30 min.), wenig Nebenwirkungen, breites Anwendungsgebiet und eine schnelle Darreichungsform (intravenös, oral, rektal).
Notfallmedizinisch relevante Wirkungsweisen

1. Medikamentenwirkung im Körper - Besetzung von Rezeptoren
Rezeptoren (Empfänger) sind für den Empfang von Nervensignalen an jeder Nervenzelle vorhanden. Jeder Rezeptor reagiert auf bestimmte chemische Zusammensetzungen (Transmitter = Übertrager, Botenstoffe) und gibt bei Aktivierung ein Signal an die Nervenbahn weiter. Medikamente (und Gifte) können diese Rezeptoren besetzen und damit entweder bestimmte Nervenreize auslösen oder die Aktivierung durch andere Stoffe (körpereigene und -fremde) verhindern. Es gibt für nahezu jeden Wirkstoff einen eigenen Rezeptor, notfallmedizinisch wichtig sind:
  • Alpha-Rezeptoren: Blutgefäßeverengung und Herzanregung
  • Beta-Rezeptoren: Herzfrequenzsteigerung, Bronchien- und Gefäßerweiterung
  • Opiat-Rezeptoren: Schmerzstillung, Müdigkeit, Verlangsamung der Atmung
  • Acetylcholin-Rezeptor: Übertragung von Nervenimpulsen auf den Muskel
2. Volumensubstitution
Für den Volumenersatz ist es wichtig, daß die zugeführte Menge an Flüssigkeit möglichst lange im Blutkreislauf verbleibt und nicht im Extrazellulärraum versickert. Daher werden hierzu kolloidale (stärkehaltige, großmolekulare) Volumenersatzmittel verwendet.

3. Zuführung von Wirkstoffen
Ziel ist es dabei, einen Zugang zum Blutkreislauf offen zu halten oder Wirkstoffe zu verdünnen. Dazu werden Lösungen benutzt, die ohne Wirkung auf den Kreislauf selbst sind und bald wieder den Kreislauf verlassen (und über die Niere ausgeschieden werden). Notfallmedizinisch relevante Medikamentengruppen
  • Analgetika: peripher oder zentral analgesierende (schmerzstillende) Wirkung
  • Anästhetika: betäubende Wirkung (nicht zwangsläufig schmerzstillend!)
  • Antiarrhythmika: stabiliserende Wirkung auf den Herzrhythmus
  • Antiemetika: Wirkung gegen Übelkeit und Erbrechen
  • Antidote: Substanzen, die Giftwirkungen unschädlich machen (zB. Rezeptoren blocken) oder eine schnelle Giftausscheidung fördern
  • Antihypertonika, Antihypotonika: Blutdruckregulierende Wirkung
  • Antihistaminika: hemmen die Wirkung von Histamin, das bei allerg. Reaktionen freigesetzt wird und viele der bedrohlichen Reaktionen einer Allergie auslöst.
  • Broncholytika: reduzieren den Ausatemwiderstand
  • Corticoide: synthetische Substanzen mit Nebennierenrindenhormonen-Wirkung werden ua. bei allerg. Reaktionen und bei Behandlung des Hirnödems eingesetzt (Cortison-Präparat).
  • Diurethika: beschleunigen Flüssigkeitsausfuhr über die Niere (zB. bei Ödemen)
  • Elektrolyte: beeinflussen das bio-elektrische System des Körpers (va. Herz, aber auch Reizleitungsübertragung in den Muskeln)
  • Katecholamine: bestimmte chemische (organische) Verbindung (zB. Adrenalin und Dopamin)
  • Kolloidale Lösungen: Kolloide verbleiben aufgrund ihrer hohen Molekülmasse lange (4 bis 6 Stunden) im Intravasalraum und haben damit eine volumenerhaltende Wirkung
  • Kristalloide Lösungen: primär als kurzzeitige Zufuhr von isotonem Volumen, Verdünnung von Medikamenten, Überbrückung von Wasser- und Salzverlusten
  • Pufferlösung: zur Beseitigung einer metabolischen Azidose (Übersäuerung des Blutes infolge Stoffwechselstörung - oder Ausfall des Blutkreislaufes)
  • Relaxantien: mit muskelerschlaffender Wirkung.
  • Rezeptorenblocker: besetzen die (Alpha- und/oder Beta-) Rezeptoren und behindern so die Wirkung von Transmitterstoffen, dh. blockieren die Übertragung von entsprechenden Nervenreizen.
  • Sedativa: dämpfende bzw. beruhigende Wirkung, zB. Valium.


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C. Medikamente im Sanitätswachdienst bei Veranstaltungen



Alle im folgenden Text genannten Dosisangaben sind ungefähre Angaben, sie müssen immer auf den konkreten Patienten bezogen werden! Alle Angaben ohne Gewähr!
Beim Sanitätswachdienst stehen weniger lebensbedrohliche Notfälle im Mittelpunkt als die Hilfeleistungen bei kleineren Beschwerden. Hier muß ein Helfer neben grundlegenden Erste-Hilfe-Maßnahmen (zB. Lagerung oder Kühlung) oft auch einfache Medikamente anwenden, die eher in den Bereich einer „Hausapotheke“ gehören. Dabei muß er äußerst sorgfältig vorgehen und sich der richtigen Anwendung sicher sein. Rechtlich ist immer ein Arzt für die Abgabe von Medikamenten verantwortlich. Wenig problematisch ist dagegen die Hilfe bei der Einnahme von patienteneigenen Präparaten, jedoch ist auch hier immer der Anlaß kritisch zu hinterfragen. Grundregeln für die Ausgabe von Medikamenten im Sanitätsdienst
  • Bei ernsthaften Notfällen: keine Medikamente des Sanitätsdienstes, sondern Notruf!!
  • Oft wirken frische Luft, Flachlagerung, Schatten und ausreichend (nichtalkoholische) Getränke am besten.
  • Vorsicht: Schmerzmittel und Mittel gegen Übelkeit vertuschen Symptome - die eigentliche Ursache darf aber nicht unbehandelt bleiben!
  • Immer nach bekannten Allergien und Vorerkrankungen fragen, jeder Medikamentenabgabe muß eine geeignete Anamnese-Erhebung vorangehen.
  • Mit Medikamenten besonders vorsichtig sein bei: Kindern, Schwangerschaft und in der Stillzeit.
  • Den Patienten auf eine mögliche Veränderung des Reaktionsvermögens hinweisen. Dies gilt besonders im Zusammenwirken mit Alkohol und bei Teilnahme am Straßenverkehr.
  • Medikamente, die von uns ausgegeben werden, werden auch in unserem Beisein eingenommen. Es besteht sonst die Gefahr der unkontrollierten Weitergabe an Dritte.
  • Jede Medikamentenabgabe mit Patientendaten (Zeit, Menge, Name) dokumentieren.
  • Bei Unsicherheit: fragen!!! (Arzt, Rettungsassistent)
1. Placebo
Gerade kleinere Kreislaufbeschwerden, oft im Zusammenhang mit längerem Stehen oä. können durch hinsetzen/hinlegen, professionelles Auftreten des Helfers und der Gabe von Placebo-Medikamenten gut in den Griff bekommen werden. Eine Blutdruckkontrolle und die Abklärung von weitergehenden Kreislauferkrankungen ist damit jedoch immer verbunden.

Baldrian-Tropfen auf Zucker 
WS:  Alkoholischer Auszug von Baldrian, Zucker 
Ind.:  Beruhigung, keine Sedierung 


Hoffmann-Tropfen auf Zucker 
WS:  vor allem Alkohol, Zucker 
Ind.:  allgemein anregend, beschleunigte Aufnahme des Zuckers durch das Zusammenwirken mit Alkohol, Blutzucker steigt (=anregende Wirkung) 


2. Schmerzmittel
Alle im Sanitätsdienst ausgegebenen Schmerzmittel sind periphere Schmerzmittel. Sie besitzen fiebersenkende, entzündungshemmende und blutgerinnenungshemmende Eigenschaften. Generell gilt: Vorsicht bei Alkohol. Bei Kopfschmerzen ist oft Flüssigkeitsmangel der Grund, Abhilfe schafft ausreichendes Trinken. Schmerzen aufgrund von Verletzungen (zB. Sturz) müssen unbedingt ausreichend abgeklärt werden, hier sollte im Rahmen des Sanitätsdienstes keine Medikamentengabe erfolgen! Ausstattungsvorschlag:
  • Aspirin-Tabletten (gute Wirkung, nicht bei Kindern)
  • Paracetamol-Tabletten (auch für Kinder, nicht bei Allergikern/Asthmatikern)
  • Wasser
Aspirin Wirkstoff: Acetylsalicylsäure (ASS)   Aspirin Plus C Brausetablette zum Trinken, 400mg Acetylsalicylsäure, 240mg Ascorbinsäure   Thomapyrin Wirkstoff: Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol   Prontopyrin Wirkstoff: Alumininiumacetylsalicylsäure, Paracetamol
Ind.:  Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Regelschmerzen, Grippesymptome, Fiebersenkung 
KI.:  bekannte Asthmatiker, bekannte allergische Reaktionen auf ASS, nicht bei Kindern anwenden! 
Dosis:  1 Tablette (=500mg), maximal 2 Tabletten, immer mit viel Flüssigkeit! 


Paracetamol 
WS:  Paracetamol 
Ind.:  leichte bis mäßige Schmerzen, Grippesymptome, Fiebersenkung, auch bei Kindern geeignet! 
KI.:  bekannte Störung der Leber-/Nierenfunktion, Einnahme von oralen Antikoagulantien, Schwangerschaft, Asthma bronchiale 
UAW:  Allergische Reaktionen (zB. Asthma) 
Dosis:  1 – 2 Tabletten (=500mg bis 1000mg), maximal 5 Tabletten pro Tag 


3. Medikamente für den Magen-/Darmtrakt Ausstattungsvorschlag:
  • Vomex A
Vomex A 
WS:  Dimenhydrinat 
Ind.:  Übelkeit, Erbrechen 
KI.:  Epilepsie, Hirntumore, Vergiftungen (Alkohol!), Antibiotika-Einnahme, Glaukom 
UAW:  das Reaktionsvermögen kann beeinträchtigt werden 
Dosis:  1 – 2 Tabletten (=50mg bis 100mg) 


Pepdul 
WS:  Famotidin 
Ind.:  Übelkeit, bekanntes Magen-Darm-Geschwür 
KI.:  Kinder, Nieren-/Leberschaden, Allergie 
UAW:  Allerg. Reaktion, Müdigkeit, Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, Psychosen 
Dosis:  1 Tablette (=40mg) 


Kohletabletten 
WS:  Carbo medicinalis 
Ind.:  Durchfall, Lebensmittelvergiftung 
KI.:  fieberhafte Magen-/Darmerkrankung (!), bei Vergiftungen fehlende erweiterte Behandlungsmöglichkeiten (Rettungsdienst!) 
UAW:  Obstipation (Verstopfung), Blähungen 
Dosis:  2 - 4 Tabletten (=500mg bis 1000mg) 


Gastronerton Tabletten, Kapseln oder Tropfen 
WS:  Metroclopramid 
Ind.:  Übelkeit, Erbrechen, Sodbrennen, Gastritis 
KI.:  Epilepsie, Hirntumore, Darmverschluß, Magen-/Darmdurchbruch, Therapie mit Antidepressiva, Vergiftungen (Alkohol!), Kinder (!), Schwangerschaft 
UAW:  Müdigkeit, Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, Dyskinesien, Epileptische Anfälle 
Dosis:  1 Tablette/Kapsel bzw. 15-30 Tropfen, maximal 3 mal pro Tag 


4. Antihistaminika Histamin ist ein Botenstoff, der die allergische Reaktion vermittelt: Rötung, Schwellung, Juckreiz und Bronchospasmus sind die natürlichen Reaktionen auf Histamin. Durch die kühlende Wirkung sind Gels auch bei kleinen Verbrennungen wirksam. Ausstattungsvorschlag:
  • Fenistil-Gel
Fenistil-Gel Wirkstoff: Dimetinden   Soventol-Gel Wirkstoff: Bamipin   Pellit-Gel Wirkstoff: Diphenhydramin   Systral-Gel Wirkstoff: Chlorphenoxamin
Ind.:  Insektenstich, Sonnenbrand, kleinflächige Brandverletzungen 1. Grades, allergische juckende Dermatosen 
KI.:  schwere allergische Reaktionen, großflächige Verbrennungen, Verbrennungen 2. und 3. Grades, Schwangerschaft 
UAW:  selten allergische Hautreaktionen 
Dosis:  dünnen Gelfilm auf betroffene Hautfläche auftragen lassen, jedoch nicht auf Schleimhäute und Wunden! Wenn notwendig: lockerer, luftdurchlässiger Verband 


5. Haut, Muskel- und Skelettsystem Ausstattungs-Vorschlag:
  • Mobilat-Gel
  • Bepanthen-Salbe
Mobilat-Gel 
WS:  Glucocorticoid, Salicylsäure, Alkohol 
Ind.:  Muskelzerrung, Gelenkzerrung, Hämatom (Bluterguß), Prellung 
KI.:  Verdacht auf schwerere Verletzungen (Bandabriß, Fraktur), offene Wunden 
Dosis:  dicke Gelschicht auf betroffene Hautfläche auftragen lassen, jedoch nicht auf Schleimhäute und Wunden! Mit Kompresse abdecken, elastischer Verband 


Bepanthen-Salbe Wirkstoff: Dexpanthenol   Medice N-Gel Wirkstoff: Benzethoniumchlorid, Polidocanol, Harnstoff
Ind.:  kleinflächige Verbrennungen und Verätzungen 1. Grades, Sonnenbrand, Insektenstiche (siehe auch Antihistaminika), Schürfwunden 
KI.:  großflächige Verbrennungen oder Verätzungen, Verbrennungen oder Verätzungen 2. und 3. Grades, großflächige oder tiefe Wunden, blutende Wunden 
Dosis:  Dünn auf betroffene Hautfläche auftragen lassen, jedoch nicht in die Augen bringen! 


6. Herz-/Kreislaufsystem Ausstattungs-Vorschlag:
  • Effortil-Tropfen
  • Sauerstoff
  • gesüßter Tee
Effortil-Tropfen 
WS:  Etilefrin 
Ind.:  hypotone Kreislaufstörung (Blutdruckabfall), orthostatische Disregulation 
KI.:  Schockzustand (Rettungsdienst!), bekannte Schilddrüsenprobleme, Glaukom, Prostatahyperplasie, bekannte Herzrhythmusstörungen, Einnahme von Antidepressiva, Schwangerschaft 
Dosis:  Kleinkinder: 5 - 10 Tropfen, Schulkinder und Erwachsene: 10 - 20 Tropfen 


Korodin-Tropfen 
WS:  Alkoholischer Auszug aus Kampfer und Weißdorn 
Ind.:  Vegetative funktionelle Herz-Kreislauf-Störung, hypotone Kreislaufstörung (Blutdruckabfall), Bradykardie (Pulsverlangsamung) 
KI.:  Nicht geeignet zur Therapie von: Angina Pectoris, Herzinfarkt, schwerer Hypotonie, Schock, schweren bradykarden Rhythmusstörungen 
Cave:  enthält Alkohol (60 vol%) 
Dosis:  10 bis 30 Tropfen auf Zucker oder Brot 


Sauerstoff 
WS:  medizinischer Sauerstoff, gasförmig (neue Kennung: weiße Flasche mit schwarzem Buchstaben N auf dem Hals, alte Kennung: blaue Flasche mit weißem Hals) 
Ind.:  Atemnot, kardiale Erkrankungen (zB. Herzinfarkt), Lungenerkrankungen (zB. Lungenödem), Asthma-Anfall, Ertrinkungsunfall, Atemstillstand bzw. Herz-Kreislauf-Stillstand, inhalative Intoxikationen (zB. Kohlenmonoxid, Rauch, Reizgas) 
KI.:  Hyperventilation, im Notfall sonst keine Kontraindikation (Kontraindikation bei lediglich verdachtsweiser Anwendung: Asthma) 
Cave:  Sicherheitsbestimmungen im Umgang mit Sauerstoff und Druckbehälter beachten! 
Dosis:  Inhalation: mind. 4-6 l/min bei verdachtsweiser Anwendung, sonst hochdosiert   Notfallbeatmung: 100%ige Zumischung


Gesüßter Tee 
WS:  mittelstark gesüßter Tee, Temperatur je nach Witterung 
Ind.:  leichte hypoglycämische Zustände (Unterzucker), Erschöpfung nach großer Anstrengung, ausgekühlter oder erhitzter Patient, hypertone Dehydration 
KI.:  schwerere Krankheitsbilder, Bewußtlosigkeit, schwere Hyperglycämie, Diabetes 
Dosis:  langsam in kleinen Schlucken trinken lassen 

Siehe auch Glucose-Infusionslösungen

7. Infusionslösungen Ausstattungs-Vorschlag:
  • Glucose 50% (Erstmedikation bei Unterzucker)
  • Ringer-Lösung (allg. venöser Zugang, Augenspülung, Spülflüssigkeit bei Verbrennungen)
Glucose 50% 
WS:  500g Glucose in 1000ml Aqua dest. 
Ind.:  schwere hypoglycämische Zustände (Unterzucker)  
KI.:  Hyperglycämie 
Cave:  Keine Medikamente zu Glucose 50% zugeben!   Notarzt-Ruf!
Dosis:  intravenös: ca. 50-100ml sehr langsam, bis sich der Zustand bessert   oral (nur bei erhaltenem Bewußtsein!): 10 - 50ml über 10ml-Spritze in den Mund


Glucose 5% 
WS:  50g Glucose in 1000ml Aqua dest. 
Ind.:  leichte hypoglycämische Zustände (Unterzucker), Erschöpfung nach großer Anstrengung, ausgekühlter Patient, hypertone Dehydration, hypovolämische Zustände bei Kindern 
KI.:  Hyperglycämie, nicht als Trägerlösung für Medikamente verwenden 
Cave:  sorgfältige Überwachung 
Dosis:  intravenös: mittlere Tropfgeschwindigkeit (1 Tropfen/Sekunde) 


Ringer-Lösung Wirkstoff: NaCl 8,6g; KCl 0,3g; CaCl 0,33g in 1000ml Aqua dest.   Ringer-Lactat-Lösung Wirkstoff: NaCl 6,0g; KCl 0,4g; CaCl 0,27g; Na-Lactat 6,1g in 1000ml Aqua dest.
Ind.:  Flüssigkeitsverlust (Blutung, Erbrechen, Diarrhoe, Verbrennung), Darmverschluß, Einsatz als Trägerlösung für Medikamente, Kühlung bei Verbrennungen, Spülen bei Verätzungen, Augenspülung, Freihalten eines venösen Zuganges 
KI.:  Keine 
Cave:  Langsame Tropfgeschwindigkeit bei cardialer Insuffizienz, Herzinfarkt, Lungenödem, Niereninsuffizienz 
Dosis:  intravenös: 1000ml - 3000ml unter Blutdruckkontrolle 


Hydroxe Äthylstärke, HES 6% 
WS:  Polyethylstärke 60g, NaCl 9,0g 
Ind.:  Schwerer Volumenmangel, Schock, schwere Blutung, Trauma, Verbrennung 
KI.:  Keine 
UAW:  allergische Reaktionen, Hautjucken, Gerinnungsstörungen 
Dosis:  nach Möglichkeit nicht mehr als 1000ml intravenös, da dann Gerinnungsstörungen auftreten 


8. Haut-Desinfektionsmittel Ausstattungs-Vorschlag:
  • Betaisodona-Lösung


Betaisodona-Lösung 
WS:  10% verfügbares Jod 
Ind.:  Haut-/Schleimhautdesinfektion, Wundbehandlung, sehr kleine Verbrennungen 
KI.:  Jod-Allergie, Schilddrüsenfunktionsstörung 
Dosis:  Auf betroffene Hautstelle mit Kompresse dünn auftupfen und trocknen lassen 


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D. Medikamente im Katastrophenschutz



Bei der Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten sollten grundsätzlich die Prinzipien der Individualmedizin inklusive der Gabe von relevanten Notfallmedikamenten zur Anwendung kommen. Nicht immer wird das möglich sein, jedoch stehen gerade hier bestimmte Verletzungsbilder im Vordergrund. Für diese Fälle ist eine Vorhaltung von bestimmten Medikamentengruppen sinnvoll.
Grundregeln für die Anwendung von Medikamenten beim Massenanfall von Verletzten
  • Generell werden die hier besprochenen Medikamentengruppen nur auf Anweisung eines Arztes eingesetzt
  • Medikamentengaben können vom Arzt auch an den erfahrenen Helfer (Rettungsassistent, ggf. auch Rettungssanitäter) delegiert werden. Dies setzt voraus, daß dem Arzt die Qualifikation des Helfers bekannt ist. Fühlt sich der Helfer nicht in der Lage, die Maßnahmen sicher durchzuführen und bei Problemen adäquat zu reagieren, so muß er dies sagen. Bei Unsicherheit: fragen!!!
  • Die Indikationsstellung hat sehr eng zu erfolgen, unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Materials und der Qualifikation des Assistenzpersonals. Gerade beim Massenanfall von Verletzten kann nicht davon ausgegangen werden, daß Intubations-/Beatmungsmöglichkeiten und Überwachungsgeräte ausreichend vorhanden sind. Der Einsatz von weniger rettungsdiensterfahrenen Helfern limitiert die Anwendung von zB. Anästhetika, die an eine notfallmedizinisch adäquate Versorgung hohe Ansprüche stellen. Auch der erhöhte Zeitbedarf bis zur optimalen Versorgung/Überwachung und zum Transport in einem Rettungsmittel ist zu berücksichtigen. Das bedeutet, daß insbesondere Betäubungsmittel oder Mittel mit stark atemdepressiver Wirkung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen vor Ort eingesetzt werden sollten. Einer vorsichtigen Schmerzbekämpfung unter Erhaltung der selbständigen Vitalfunktionen ist der Vorzug zu geben.
  • Der Dokumentation direkt am Patienten bis in die Klinik ist ein hoher Stellenwert einzuräumen, insbesondere Schmerzmittel und Anästhetika vertuschen sonst Symptome und erschweren die spätere erweiterte Diagnostik (einheitliche DRK-Verletztenanhängekarten verwenden, ggf. Ergänzung durch NA-Protokoll).
  • Auch im Massenanfall von Verletzten muß jeder Medikamentenabgabe eine geeignete Anamnese-Erhebung vorangehen.
  • Im Zweifelsfall entscheidet der Leitende Notarzt über die Behandlung von Patienten.
Im Katastrophenfall relevante Medikamentengruppen (Erläuterungen unter E) Volumenersatz
  • Kolloidale Lösungen: HES
  • Kristalloide Lösungen: Ringer, Ringer-Lactat
Schmerzbekämpfung, Sedierung
  • Analgetika: Ketanest, Tramal, Dormicum, Morphin (BTM), Fentanyl (BTM)
  • Anästhetika: Ketanest, Hypnomidate
  • Sedativa: Valium (Injektionslösung, Tabletten), Psyquil
Sonstige
  • Sauerstoff
  • Corticoide: Fortecortin, SoluDecortin
  • Antidote: Auxiloson, Kohle, Atropin 1%, Notfallsets für Cyanid- und Alkylphosphatvergiftung
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E. Medikamente im Rettungsdienst



Im normalen Notfalleinsatz steht die individuelle Versorgung eines Patienten mit allen Möglichkeiten der modernen Notfallmedizin im Vordergrund. Die Ausstattung mit Medikamenten muß alle gängigen Notfälle abdecken können, die Vorhaltung genügt jedoch für den einzelnen Patienten und wird prinzipiell allein durch den verfügbaren Lagerplatz auf dem Fahrzeug beschränkt. <Medikamentenliste des Rettungsdienstes>